Heilende Musik im Dschungel – DER STANDARD

Heilende Musik im Dschungel

Schwerstbehinderte Kinder führen das Dschungelbuch als Musical auf.

Wien – „Süleiman – wirst Du bitte schauen, wo Du hinsteigst“ , mahnt Regisseurin Agnes Palmisano. Süleiman ist derart begeistert bei der Sache, dass er bereits das dritte Mal auf der Treppe zur Bühne bedenklich stolperte. Normalerweise spricht Süleiman kaum etwas – und wenn, dann derart reduziert, dass man ihn fast nicht versteht. Dieser Tage spielt er aber eine Hauptrolle, singt den „großen Mogli“ im neuen Dschungelbuch-Musical. Insgesamt 50 geistig schwerstbehinderte Kinder, das komplette sonderpädagogische Zentrum in der Leopoldstädter Schwarzingergasse, bringen das Stück auf die Bühne des Dschungel Kindertheaters im Museumsquartier.

Geschrieben und komponiert wurde das Musical von der Sängerin Agnes Palmisano, die an der Schule Musik unterrichtet – gemeinsam mit Helmut Stippich, der auch den bösen Tiger Shir Khan gibt. Die anderen Rollen haben sich die sechs- bis 16 Jahre alten Kinder ausnahmslos selbst ausgesucht. Kinder, die sich teils nur mit Mühe bewegen und nicht lange konzentrieren konnten. Doch die Musik erhebt sie, weckt in ihnen schlummernde Fähigkeiten. Ursprünglich sollte beispielsweise Kevin den Bären Baloo geben. Doch über die Monate der Probenarbeit wuchs Patrizia, die vor zwei Jahren nur nuscheln konnte, über sich selbst hinaus. Kevin verzichtete, überließ ihr den Bären Baloo und tritt nun als Wolf im kleinen Gesangsrudel auf. Geliebte Rituale Warum das Singen so vieles möglich macht? „Die Kinder lieben und brauchen wie andere auch Wiederholungen und Rituale. Und mit der Musik wird’s nicht langweilig“, erläutert Palmisano. „Jeder ist verschieden – darin sind wir gleich“, ist das zentrale gesungene Motto im Dschungelbuch. Und am Donnerstag bei der Premiere merkten viele der zuhörenden Kinder gar nicht, dass Behinderte auf der Bühne standen – am Ende der Aufführung forderten sie lautstark eine „Zugabe!“ Heute, Freitag, wird das Dschungelbuch-Musical im Dschungel-Theater noch zweimal aufgeführt: Um 10 und um 17 Uhr.

(Roman David-Freihsl/DER STANDARD, Printausgabe, 12.12.2008)

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