FALTER: Unter dem Flügel steht der Sarg
Eine Inszenierung im Vindobona spürt der weithin unbekannten Lebensgefährtin des Wiener Dichters, Volksschauspielers und Sängers Johann Nepomuk Nestroy nach
STEFANIE PANZENBÖCK
FEUILLETON, FALTER 7/2024 VOM 13.02.2024
Agnes Palmisano lieh sich von der Bestattung Wien einen Sarg aus (Foto: Heribert Corn)
Unter dem Flügel steht ein Sarg aus hellem Holz. Die Sängerin Agnes Palmisano benötigt ihn als Requisite für ihr Stück „Nestroy und die Frau Weiler“, in dem es um die Biografie der Lebensgefährtin des Dichters, Schauspielers und Sängers Johann Nepomuk Nestroy geht.
Wer war die Frau, die der Nachwelt, wenn überhaupt, nur über die Biografie ihres Lebensgefährten bekannt ist? Nestroy formulierte es in seinem Testament deutlich: „Zur Universalerbin ernenne ich Fr. Marie Weiler, die treue Freundin meiner Tage“, die auf sein Vermögen „gegründetere Ansprüche“ als er selbst habe.
„Sie war sein Rückgrat“, sagt Palmisano. Und noch mehr als das: Weiler war eine ungewöhnliche Frau ihrer Zeit, die mutige Entscheidungen traf.
Im Zentrum des Abends – der nächste Auftritt findet im Vindobona statt – stehen die Lieder, die Nestroy für Weilers Rollen geschrieben hat und in denen sogenannte Dudler oder Koloraturjodler, eine besonders kunstvolle Form des Jodelns, vorkommen. Palmisano, die selbst als Dudlerin bekannt ist, war erstaunt, wie viele Lieder dieser Art sie in den historischen Manuskripten vorfand. Wird heute ein Nestroy-Werk aufgeführt, sind die Dudler nicht mehr zu hören. Aus der Musik und den wenigen bekannten Fakten baute Palmisano eine Handlung, in die sie auch ihre eigenen Interpretationen verwebte.
