Trude Mally im Interview – der Standard
„Mein Gott, der Hans Moser. Den hab ich kennen gelernt im 47er-Jahr, da war ich 19. Wir waren auf Tournee, er hat immer seine ‚Hallo, Dienstmann‘-Nummer gesungen, dann hab ich meine Jodler gesungen, und er hat mir hinter der Bühne zugehört. Ja, der Moser war lieb. Manche Leute sagen, der hat doch nur geblödelt. Ich sag, das ist nicht wahr. Er hat so gesungen, wie er es empfunden hat.“
Wenn Trude Mally dem „berühmtesten Wienerliedsänger ohne Stimme“ quasi ihren Segen erteilt, dann hat dies zweifellos Gewicht. Denn Mally ist selbst eine, wahrscheinlich die Institution der traditionellen Wiener Musik. Obwohl ihre Kunst nichts mit Weinseligkeit und morbiden Sentimentalitäten zu tun hat. „Ich sehe mich nicht als Wienerliedsängerin“, sagt die 79-Jährige. „Ich sehe mich als Dudlerin. Ich singe ländliche Lieder.“ Ja, Trude Mally ist Grande Dame des virtuosen Koloratur-Jodlers, der in Wien im 19. Jahrhundert in Assimilation alpenländischer Pendants entstanden ist und der als „Dudler“ vorwiegend von Frauen gesungen wird. Oder: wurde.
Denn „damals, als ich ein Kind war, haben viele Frauen gesungen. Ich bin durch meine Tante, die Ady Rothmayer, zum Singen gekommen. Sie hat mir auch diesen leisen, zarten Gesang beigebracht – im Gegensatz zur reschen Stimme der Maly Nagl.“ Über den Gesang kam Trude Mally, aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie in Schwechat, früh mit der Welt in Kontakt.
Als Jugendliche unterhielt sie die Frontsoldaten der Wehrmacht in Russland und Norwegen. Sie wäre damals zu jung gewesen, um politische Zusammenhänge zu begreifen: „Für mich war das damals wunderschön. Dass diese Soldaten, diese harten Männer, nachdem ich für sie gesungen hatte, oft so weich waren, dass sie geweint haben.“
Ob die Fama stimme, dass man sie bei den Staatsvertragsverhandlungen vor den Allierten singen ließ, um diese „weich“ zu kriegen? Mally ist dergleichen nicht bewusst. Sie sei aber vor US-General Clark und Bundespräsident Körner in der Hofburg aufgetreten. „Ich war so stolz, dass ich für diese Herren als junges Mädel meine Jodler singen durfte.“
Die „ausländische Musik“ sei es gewesen, die das Dudeln und die Wiener Musik habe außer Mode kommen lassen. „Die jungen Leute wollten tanzen“, so Trude Mally. In den letzten Jahren allerdings sei zunehmendes Interesse an den alten Lieder festzustellen, und auch eine Reihe junger Dudlerinnen wäre hervorgetreten, etwa ihre Schülerin Agnes Palmisano, mit der Mally am Sonntag im Rahmen von „Wean hean“ im Favoritener Waldmüllerzentrum zu hören war. Lieder wie „Das Grüberl im Kinn“ gab sie vor einem dankbaren Publikum zum Besten, ihre viel gesungenen Virtuosenstücke, etwa „In der Schintergrub’n“, überlässt sie mittlerweile Palmisano.
Einige aus der neuen Generation, voran Akkordeonist Roland Sulzer, seit einigen Jahren ständiger Begleiter Trude Mallys, würden sogar die berühmte Wiener Musikergeheimsprache schon beherrschen. Wie sie funktioniert? „Ein Wort wird geteilt, die hintere Silbe kommt nach vorn. Dann kommt vorn ein ‚O‘ dran und hinten ein ‚E‘.“ Das haben die Musiker verwendet, wenn sie nicht wollten, dass sie einer versteht. Etwa um zu sagen: ‚Der Wirt ist wirklich ein Otteltre.'“ (Andreas Felber /DER STANDARD, Printausgabe, 9.10.2007)